Der Weihnachtsaufzug von Robert Reinick

Der Weihnachtsaufzug

von Robert Reinick

Bald kommt die liebe Weihnachtszeit,
worauf die ganze Welt sich freut;
das Land, so weit man sehen kann,
sein Winterkleid hat angetan.
Schlaf überall; es hat die Nacht
die laute Welt zur Ruh gebracht -
kein Sternenlicht, kein grünes Reis,
der Himmel schwarz, die Erde weiß.

 

Da blinkt von fern ein heller Schein -
was mag das für ein Schimmer sein?
Weit übers Feld zieht es daher,
als ob's ein Kranz von Lichtern wär',
und näher rückt es hin zur Stadt,
obgleich verschneit ist jeder Pfad.

 

Ei seht, ei seht! Es kommt heran!
Oh, schauet doch den Aufzug an!
Zu Ross ein wunderlicher Mann
mit langem Bart und spitzem Hute,
in seinen Händen Sack und Rute.
Sein Gaul hat gar ein bunt Geschirr,
von Schellen dran ein blank Gewirr;
am Kopf des Gauls, statt Federzier,
ein Tannenbaum voll Lichter hier;
der Schnee erglänzt in ihrem Schein,
als wär's ein Meer von Edelstein. -

 

Wer aber hält den Tannenzweig?
Ein Knabe, schön und wonnereich;
's ist nicht ein Kind von unsrer Art,
hat Flügel an dem Rücken zart. -
Das kann fürwahr nichts andres sein,
als wie vom Himmel ein Engelein!
Nun sagt mir, Kinder, was bedeut't
ein solcher Zug in solcher Zeit? -

 

Was das bedeut't? Ei, seht doch an,
da frag ich grad beim Rechten an!
Ihr schelmischen Gesichterchen,
ich merk's ihr kennt die Lichterchen,
kennt schon den Mann mit spitzem Hute,
kennt auch den Baum, den Sack, die Rute.

 

Der alte bärt'ge Ruprecht hier,
er pocht' schon oft an eure Tür;
droht' mit der Rute bösen Buben;
warf Nüss' und Äpfel in die Stuben
für Kinder, die da gut gesinnt. -
Doch kennt ihr auch das Himmelskind?
Oft bracht' es ohne euer Wissen,
wenn ihr noch schlieft in weichen Kissen,
den Weihnachtsbaum zu euch ins Haus,
putzt' wunderherrlich ihn heraus;
Geschenke hing es bunt daran
und steckt' die vielen Lichter an;
flog himmelwärts und schaute wieder
von dort auf euren Jubel nieder.

 

O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
so überreich an Lust und Freud'!
Hör doch der Kinder Wünsche an
und komme bald, recht bald heran,
und schick uns doch, wir bitten sehr,
mit vollem Sack den Ruprecht her.
Wir fürchten seine Rute nicht,
wir taten allzeit unsre Pflicht.
Drum schick uns auch den Engel gleich
mit seinem Baum, an Gaben reich.
O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
worauf die ganze Welt sich freut!

Weihnachtsgesteck

Robert Reinick

Geboren: 22. Februar 1805 in Danzig

Gestorben: 7. Februar 1852 in Dresden

wirkte als deutscher Maler, Dichter und Übersetzer. Wikipedia

Zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis gehörten so namhafte Personen wie Franz Kugler, Theobald von Oer, Georg Wigand, Hugo Bürkner, Alfred Rethel, Robert Schumann, Richard Wagner und Ferdinand Hiller.

Robert Reinick schrieb zwei Opernlibretti: "Konradin" (vertont von Ferdinand Hiller; UA 13. Oktober 1847 in Dresden) und "Genoveva" (von Robert Schumann zunächst abgelehnt, dann umgearbeitet; in der vertonten Fassung stammen etwa 200 Verse von Reinick). Von seinen Übersetzungen sind die „Alemannischen Gedichte“ von Johann Peter Hebel hervorzuheben, die er ins Hochdeutsche übertrug.

Robert Reinicks Gedicht „Wie ist doch die Erde so schön, so schön!“ wurde von Johannes Brahms vertont. 

 

eines seiner bekanntesten Weihnachtsgedichte:

Christkind

 

Weihnachtsgedichte

von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Morgen kommt der Weihnachtsmann

Weihnachten

von Robert Reinick

Christkind

von Heinrich Seidel

Die verschwundene Puppe

Der Weihnachtsbaum

Der kleine Nimmersatt

von Theodor Storm

Das Weihnachtsfest

Knecht Ruprecht

Weihnachten

 

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